Ich mag sie nicht. Aber sie gehört dazu.

Ich schreibe gerade eine Figur, die ich nicht besonders mag. Nicht, weil sie schlecht geschrieben ist. Sondern, weil sie eine Seite in mir berührt, die ich selbst nicht gern anschaue.

Sie ist laut, egozentrisch, unsensibel an Stellen, an denen ich lieber Zartheit wähle. Sie sagt Dinge, die ich nie sagen würde. Und denkt in Mustern, die mir fremd – oder vielleicht zu nah sind.

Ich ertappe mich dabei, wie ich ihr ausweichen will. Wie ich ihre Sätze kürze. Wie ich ihre Sprache glätte, damit sie mir besser gefällt.
Aber all das wäre unehrlich. Nicht nur ihr gegenüber – sondern der ganzen Geschichte.

Denn sie hat eine Funktion. Sie bringt Spannung. Sie stößt Dinge an. Sie drückt Knöpfe.
Und sie zeigt Seiten, die sonst nicht sichtbar wären.

Manchmal ist nämlich genau das der Punkt:
Nicht alle Figuren müssen geliebt werden. Aber sie müssen stimmen.

Ich merke, wie sehr ich an meine Figuren Maßstäbe anlege, die mit mir selbst zu tun haben. Wie sehr ich Sympathie mit Wahrhaftigkeit verwechsle.
Und das obwohl Schreiben kein Beliebtheitswettbewerb ist.

Schreiben ist auch, jemanden da sein zu lassen, der unbequem ist.
Der stört, der nicht rund ist – aber notwendig.

Und vielleicht, wenn ich ihr genügend Raum gebe – lerne ich am Ende von ihr mehr als von allen anderen.


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