Zwischen müden Augen & großen Träumen

Ihre müden Augen starrten sie aus dem großen Spiegel des Fahrstuhls an. Und irgendwo zwischen dunklen Augenringen, den ersten grauen Haaren und sich andeutenden Falten, sah sie doch nur diese eine Haarsträhne, die sich wie jeden Tag nicht bändigen lies.

Es war mal wieder so ein Morgen. Der Himmel zu grau, der Zug zu spät, das Telefonklingeln zu laut, der Kaffee zu schwach, eine falsche Formatierung der Excel-Datei und zu viele gutgelaunte Kollegen im Großraumbüro. Und da saß sie und dachte noch immer nur über diese eine abstehende Haarsträhne nach.

War es nicht erst gestern gewesen, als die Sonne noch schien, das Telefon nicht oft genug klingeln konnte, der Kaffee schmeckte, das Formatieren von Excel eine ihrer Superkräfte und sie selbst eine der viel zu gutgelaunten Kolleginnen im Büro gewesen war? Lag ihre Haarsträhne da noch glatt im Zopf oder war sie ihr nur bisher noch nicht aufgefallen, weil alles um sie herum gestimmt hatte?

Doch vielleicht ging es in all diesen Gedanken gar nicht um die eine Strähne, vielleicht ist sie nur das erste Anzeichen. Der erste Bruch. Die erste sich zeigende Veränderung. Genau der Moment, an dem wir merken, wir brauchen einen neuen Haarschnitt.

Und vielleicht ist es diese eine Strähne, die uns zeigt, dass wir uns erlauben müssen uns zu verändern. Vielleicht passen wir nach einiger Zeit nicht mehr in den streng getragenen Dutt und es wird Zeit unsere wilden Locken ausbrechen zu lassen. Vielleicht ist die Strähne dafür da uns daran zu erinnern, dass es in Ordnung ist seinen Kompass neu auszurichten. Klamotten auszusortieren und Platz für einen neuen Stil zu machen. Alte Menschen zurückzulassen, um mit neuen Verbindungen aufzubrechen. Die aufgebaute Karriere abzulegen und uns in anderen Bereichen auszuprobieren.

Vielleicht war es nie die Strähne, sondern immer schon du selbst.  


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